Man darf nicht einfach vorbei gehen. Ich kenne Saja persoenlich und moechte, dass meine Leser auch ein Eindruck davon gewinnen koennen.
Es gibt Ideen, die find ich so gut, daß ich gar nicht anders kann, als sie weiterzutragen. “Durchhalteversprechen” ist so eine Idee. Die junge Fotografin Saja Seus aus dem Schwäbischen traf Frauen, die ihr Hochzeitskleid und ihre Ehe bin heute aufgehoben haben und denen beides noch passt… Ihre Serie beschränkt sich jedoch nicht auf das reine Ablichten der Damen, sondern lenkt den Blick sehr subtil hinter die Fassade und öffnet dabei die Protagonistinnen genau so weit, wie es der nötige Respekt erlaubt.
Als ich die Bilder zum ersten Mal gesehen habe, war ich sowohl von der Idee als auch von der Umsetzung begeistert, mir gingen sofort aber auch ein paar Fragen durch den Kopf? Wie findet man die Frauen? Wie überzeugt man sie? Ich hab die Saja einfach angeschrieben und sie gefragt. Doch bevor Saja antwortet, schaut Euch die fantastischen Fotografien an.
„Nach Blitz und Donner gab es immer wieder Sonnenschein.“
Frau Riethmüller heiratete am 17. Juni 1965. „Ich war sehr nervös und gar nicht ganz sicher“ erinnert sie sich. „Es hat gestürmt und der Strom war ausgefallen. Die Orgel konnte nicht spielen und Licht gab es auch keines. Wir hatten Kerzen angezündet und die Gesellschaft musste tatkräftig singen um ein wenig Leben in die große Kirche zu bringen. Es war schon sehr aufregend.“ erzählt sie mir heute.
Sie strahlte das komplette Shooting über. Ihr Mann war unerwartet dazu gekommen und man sah richtig wie ihr das gefallen hat. Sie erzählt mir noch, wie sich das Wetter damals beruhigt hatte. „Als wir draussen standen, vor der Kirche, da regnete es nicht mehr und der Sturm war vorbeigezogen. Es war noch ein sehr schönes Fest!“
„Es ist alles ganz normal gelaufen.”
Frau Hohmeier heiratete am 10. Oktober 1970. „Keine negativen Überraschungen“ sagt sie im Gespräch zu mir. Diese mag sie nämlich gar nicht. Alles lief nach Plan und es war eine „sehr harmonische Hochzeit“, dass meint auch Ihr Mann. Es soll ein sonniger aber etwas frischer Oktobertag gewesen sein. Nur der Fotograf tauchte nicht auf. „Es war ein kleiner Ort und es gab ohnehin nicht viele Fotografen zu der Zeit. Keine Ahnung was damals passiert ist. Gehört haben wir nichts mehr.“ Das war das Einzige, dass schiefgelaufen war.
„Es war nicht immer Eitel Sonnenschein“, meint sie noch und sagt mir, dass es einfach wichtig ist miteinander zu reden. Das glaube ich ihr auch. Sofort und auf‘s Wort.
„38 Jahre Krieg und Frieden.“
Frau Vogels heiratete ihren holländischen Mann am 1. Mai 1971. „Es war ein sehr trüber Tag und als wir aus der Kirche gekommen sind, hat es sogar geschneit! Im Mai! Ich hab mich sehr gefreut auf den Tag, aber aufgeregt war ich nicht.“ Weiss sie noch. „Das Einzige worüber ich mir Gedanken und Sorgen gemacht hatte war, wie ich beim Segen mit dem Kleid nur hinknien sollte.“ Sie muss lachen „Ja, das war irgendwie meinte größte Sorge..“ Das lachen wird zum Lächeln und sie überlegt kurz. „Aber es bewährt sich immer, wenn man miteinander redet. Eine gewisse Toleranz und natürlich viel Freiheit sind auch sehr wichtig in einer Ehe. Man muss immer wieder daran arbeiten, sonst plätschert es nur so vor sich hin.“
„Da war dann klar, dass nichts normal laufen würde.”
Frau Hartmann heiratete ihren Mann am 8. August 1970. Es war warm, aber nicht zu heiß. „Mein Mann hat in der Hochzeitsnacht seine Diplomarbeit fertig geschrieben. Da war dann klar, dass nichts normal laufen würde.“ lacht sie heute. Die beiden haben viel erlebt über die Jahre. Ihr Mann gönnte sich sein mit eigener Hand erbautes Traumhaus. Und zwei Kinder. „Ich wollte unbedingt einen Sohn haben, aber heiraten hätte gar nicht sein müssen“ sagt ihr Mann heute. Dennoch sind beide froh einander zu haben. Das merkt man den beiden auch an, wenn sie sich ansehen. „Es war mal heiter mal froh, aber auch manchmal ein klein wenig anstrengend“ sagt sie und lächelt dabei ganz schüchtern.
“Wir haben uns immer wieder mal versöhnt“
Am 19. Mai 1973 gab sie ihm das Ja-Wort und besiegelte damit ihre Ehe. Annelie Zappe hatte sich sehr auf den Tag gefreut, erzählt sie mir: „Es war ein schöner Tag, ich war ja auch nicht mehr die jüngste damals“, kichert sie in sich hinein. Dabei mussten sie und ihr Mann sich oft umstellen - auf die deutsche Mentalität und Vorgehensweisen. „Der ganze Papierkram und die Art und Weise wie die Menschen miteinander umgegangen sind, war uns völlig neu“, meint sie. Beide kamen sie aus der Tschechei nach Deutschland und hatten dann bald geheiratet. „Ich würde es wieder tun.“ sagt sie zu mir. „Schließlich folgt auf jeden Dezember auch wieder ein Mai!“
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Liebe Saja, bitte stell Dich kurz vor und erzähl doch mal wie du zur Fotografie gefunden hast.
Mein Name ist Saja und zur Fotografie bin ich über einen Freund geraten, der mir vor gut vier, fünf Jahren eine Empfehlung auf eine Spiegelreflexkamera gegeben hatte, statt auf eine – wie von mir ursprünglich gewünschte – Bridge Kamera. Die vielen Möglichkeiten hatten es mir angetan und da war es dann um mich geschehen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung kam das Studium im Bereich Fotografie und damit die berufliche Umorientierung. Ich liebe den Job! Auch wenn es manchmal anstrengend und nervenaufreibend ist. Aber das kennst Du sicherlich…
Ja klar. Deine Idee find ich – vor allem als Hochzeitsfotograf – ganz zauberhaft! Wie bist Du drauf gekommen?
Solche Ideen kommen immer unverhofft und lauern dann in irgendwelchen Notizbüchern vor sich hin. Sie warten oft einige Zeit auf ihre Umsetzung. Ich nehme an, dass ich irgendwann chaotische Gedanken hatte die dann in dieser Idee resultierten. Eine Kombination aus meiner Neugierde auf Menschen und meiner Nebenberufung Hochzeitsfotografie wird wohl der Hintergrund gewesen sein. Zur Umsetzung kam es dann im Rahmen meiner Zwischenprüfung im Januar 2010. Da hatte ich dann glücklicherweise auch eine Deadline.
Wie hast Du Deine Protagonisten gefunden?
Durch sehr viel telefonieren, das Aushängen der Konzeption in Einrichtungen für ältere Menschen, und hauptsächlich auch durch das Fragen und Sprechen mit den verschiedensten Personen in meinem Umfeld. Um eine bestimmte Gruppe zu finden muss man leider immer zu einem gewissen Grad mit der Suche in die Öffentlichkeit. So wussten nicht nur viele Bekannte und Freunde vor der Umsetzung der Serie von der Idee (und hatten natürlich auch Erwartungen), sondern eben auch etliche Einrichtungen bei mir im Stuttgarter Kreis. Es war anstrengender als ich dachte. Die Kombination ‘Hochzeitskleid noch vorhanden’ und ‘bereit sich darin fotografieren zu lassen’ hatte ich zu Beginn unterschätzt. Gerade so habe ich es dann auf die gewünschte Anzahl an Damen gebracht und hatte dann auch noch soviel Glück! Jede war so Einzigartig und es war angenehm mit ihnen zusammen zu arbeiten.
Ware es schwer sie für die Aktion zu begeistern und wie hast Du es geschafft?
Es ging. Da ich die Damen letztendlich alle über persönliche Kontakte gefunden hatte, war hier also ein Vertrauensverhältnis vorhanden. Das Wichtigste ist immer, dass sich die Personen beim Fotografen oder der Fotografin wohlfühlen und da gehört auch immer dazu, dass man im Vorgespräch wirklich zuhört was für Bedenken ausgesprochen werden und darauf eingeht. Außerdem ist ‘Student oder Studentin sein’ immer die beste Ausrede!
Wie bist du an die Umsetzung gegangen?
Ich hatte an fünf verschiedenen Tagen, verteilt auf mehrere Wochen, fotografiert. Das heisst: Pro Dame, ein Tag. Hierfür hatte ich Unterstützung von einer weiteren Fotografin (Desireé Quast) die mir assistierte und einer Visagistin (Julia Hopt), mit der ich meistens zusammenarbeite. Alles lief recht klassisch ab. Während die Damen geschminkt wurden, bauten Desireé und ich das Licht auf und machten Probeschüsse. Das tatsächliche Shooting dauerte knapp 40 Minuten. Den größeren Teil nahmen Auf-und Abbau ein. Mein Werkzeug war Licht von Hensel, sowie das vorhandene Licht im Raum. Eine D300 von Nikon und das passende 50mm f1.4 dazu. Ich wollte die Bilder natürlich, aber dennoch etwas glamourös halten. Deshalb musste der Beauty Dish von schräg vorne einfach sein! Lichtkanten waren mir aber zu viel. Meist hatte ich mit einer zweiten Lampe noch ein klein wenig das Umgebungslicht in seiner Farbigkeit neutralisiert und zusätzlich aufgehellt. Die Postproduktion beschränkte sich auf partielles Hell- und Dunkelzeichnen und damit hervorheben einzelner Umgebungsdetails und natürlich der Details der Kleider.
Wie waren die Reaktionen der Protagonisten auf die Ergebnisse?
Sie hatten sich auf jeden Fall gefreut, aber hatten doch ein, zwei Damen ein wenig mit sich gehadert. Der Einen war die Hüfte zu breit, der Anderen waren die Falten zu stark. Eine Haut-Retusche oder ähnliches wurde von mir bewusst nicht vorgenommen. So ist das nunmal. Die Reaktionen waren positiv, aber Auftragsarbeiten (hier bestimmt der Auftraggeber) sind etwas Anderes als freie Arbeiten (hier bestimmt der Fotograf oder die Fotografin). Während dem Fotografieren war jede Dame allerdings wie leicht verzaubert. Es waren sehr schöne Shootings, unfassbar kitschig, aber schön.
Was planst Du für die Zukunft? Hast Du schon wieder Pläne für weitere Strecken?
Momentan bin ich mitten im Diplom und arbeite an einer Serie über heutige Feministinnen und Feministen. Ein super interessantes Thema! Ich wollte wissen was es mit den Klischees diesbezüglich auf sich hat und bin drei Wochen durch Deutschland gefahren um über dreißig verschiedene Menschen zu treffen. Die Bilder werden vom 27. bis 29. Januar 2011 in Stuttgart – Obertürkheim im Rahmen des Diploms ausgestellt. Ansonsten gibt mein Notizbuch natürlich noch die eine oder andere Idee her, aber die Umsetzung wird wohl noch etwas auf sich warten lassen müssen, Jobs gehen meistens vor und die kommende Hochzeitssaison fängt ja auch bald an!
Ganz lieben Dank für Deine Zeit. Ich glaub um Deine berufliche Zukunft muss ich mir wenig Sorgen machen!
Die erwähnte Ausstellung scheint wirklich unglaublich spannend! Es gibt eine Facebook-Veranstaltungsseite zur Ausstellung mit jeder Menge Info´s!
Also Ab nach Stuggi!
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